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Frauen in Not unterstützen, sei es finanziell oder emotional: Das ist die Idee des Vereins „Nachbarschaftlich leben für Frauen im Alter“, den Christa Lippmann 1991 gegründet hat. Inzwischen sind in München fünf Frauengruppen entstanden. Ein Gespräch.
Von Maren Breitling und André Wielebski
Wer sind die Frauen, die zu Ihnen kommen?
Die meisten sind geschieden. Verwitwet sind ganz wenige. Wir haben wenige Singles. Die geschiedenen Frauen bekommen teilweise noch ein wenig Unterstützung von ihren Ex-Männern.
Wodurch zeichnet sich solch eine Wohngruppe aus?
Unsere Gruppe in der Arnulfstraße ist altersharmonisch. Zehn Frauen leben bei uns. Sie haben ein ähnliches Kultur- und Bildungsniveau. Der Sinn des Vereins ist es, Lebensqualität und Wohlbefinden im Alter herzustellen. Die Grundlage für Wohlbefinden ist eine gute Wohnung. Außerdem hat jeder Mensch kulturelle und emotionale Bedürfnisse und die müssen auch abgedeckt sein. Es lockt erst mal die Wohnung, aber dann sehen die Frauen, was ihnen eigentlich fehlt. Wir bieten auch Kultur und soziale Sicherheit.
Worauf achten Sie bei der Auswahl der Frauen?
Schwierige Frage. Ich bin am Telefon ziemlich schroff. Ich sehe dann, wie die Anruferinnen reagieren: Ob sie flexibel sind, ob sie beleidigt reagieren und ob sie auf mich eingehen. Wenn eine am Telefon ganz passabel ist, dann lade ich sie zur nächsten Veranstaltung ein. Damit sie mit den anderen spricht, und sich ein bisschen umschaut. Manche sitzen mit verschränkten Armen da, gucken ängstlich und warten, was ihnen geboten wird. Dann hat es keinen Sinn. Wir sind ein Selbsthilfeverein, wo alle anpacken müssen. Man sieht relativ schnell, ob jemand für eine Gruppe geeignet ist. Durch ihre Einsamkeit leben manche Frauen hinter dem Mond. Ihnen fehlen Informationen, was es alles gibt.
Das heißt: Sie schließen auch viele aus.
Klar, schließe ich aus. Viele – das ist leider so. Wir als kleiner Verein sind nicht für alle zuständig. Wir können nur wenigen Frauen helfen, weil wir ehrenamtlich nicht mehr leisten können.
Die Mieten sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Die Renten jedoch nicht. Wie sehen Sie die Situation auf dem Mietmarkt?
Der Mietmarkt ist eine einzige Katastrophe, eigentlich ein politischer Skandal. Aber nicht nur in München, sondern in ganz Deutschland. Letztlich ist die Bundesregierung für das Bauen zuständig. Der Mietspiegel hilft nicht, denn der berechnet keine Sozialwohnungen mit ein, sondern nur die neuen Wohnungen der vergangenen vier Jahre. Der nützt nichts. Sofort abschaffen!
Ganz schön rigoros.
So eine radikale Einstellung habe ich auch zu Eigenbedarfskündigungen. Abschaffen! Dieses Instrument darf es in einem Sozialstaat nicht geben. Wie ist es möglich, dass eine Mieterin, die 40 oder 60 Jahre dort gelebt hat, vor die Tür gesetzt wird? Sie hat mit ihrer Miete das Haus abbezahlt. Wieso gibt es ein Recht, dass der Kapitalist, der die Wohnung gekauft hat, sagen kann: Verschwinde, ich will jetzt Mieter haben, die mehr Miete zahlen? Eine Frau, die bei uns lebt, musste nach 60 Jahren raus – wegen Eigenbedarfs!
Warum geraten viele Frauen in Altersarmut?
Bei der Generation, die jetzt in Rente geht, liegt das Problem 30 oder 40 Jahre zurück. Sie sind dem klassischen Familienmodell gefolgt. Sie blieben zu Hause, blieben bei den Kindern, spielten brave Hausfrau und der Mann hat alleine das Geld verdient. Dann kommt die Scheidung und für sie bricht finanziell alles zusammen. Die Frauen haben keine gescheite Rente.
Wie könnte eine Lösung aussehen?
Meiner Meinung nach müsste der Mann in einen Rentenfond für die Frau einzahlen. Die Frauen, die jetzt in Rente gehen, sehen, was sie auf dem Konto haben, und dass sie in Altersarmut fallen. Aber die jüngeren, berufstätigen Frauen schauen schon auf ihre Rente.