Baustelle menschlicher Körper

Von Anna Fries und Sarah Seifen

Aus medizinischer Sicht ist der Mensch mit Mitte 20 auf dem Höchststand seiner körperlichen Leistung. Danach baut der Körper ab. An diesen Stellen erwischt es fast jeden:

Die Augen – Drei Mal so viel Licht

Beim Sehen merken viele Menschen das Altern zuerst: Eine Lesebrille muss her. Die Linse wird steifer und trüber. Sie benötigt mehr Zeit, um Objekte scharf zu stellen. Ältere Menschen brauchen mehr Licht als jüngere, um ähnlich gut sehen zu können. Bei Dämmerung oder Dunkelheit ist das Sehen für sie deshalb deutlich schwieriger.

Die Ohren – 8.000 Hertz weniger

Mit etwa 50 Jahren werden auch die Ohren schlechter: Junge Menschen hören Frequenzen, also tiefe und hohe Töne, im Bereich zwischen 20 und 20.000 Hertz. Ältere Menschen können Frequenzen ab 12.000 Hertz in der Regel nicht mehr hören. Bei Älteren entsteht manchmal der Eindruck, der Gesprächspartner nuschele. Das liegt daran, dass sie Konsonanten wie t, f oder s, die im hohen Frequenzbereich liegen, nicht mehr wahrnehmen.

Das Gehirn – Jogging für die Nerven

Das menschliche Gehirn hat etwa 86 Milliarden Nervenzellen, die je nach genetischer Anlage und Lebensführung weniger werden können. Bis ins hohe Alter aber kann das Gehirn Zellen neu vernetzen. Wie die organisiert sind, wirkt sich auf das Denken aus. Im Alter wird es schwieriger, sich zu konzentrieren. Die Aufmerksamkeit geht zurück, das Kurzzeitgedächtnis wird schlechter. Aber: Bewegung kann helfen, das Gehirn fit zu halten und zu trainieren.

Das Herz – 70 Schläge pro Minute

Mit zunehmendem Alter wird das Herz schwächer, der Muskel kann nicht mehr so viel Blut durch den Körper pumpen. Auch die Sauerstoffversorgung nimmt ab. Im Schnitt schlägt das Herz eines Säuglings rund 120 Mal pro Minute, das eines 70-Jährigen 70 Mal.

Die Knochen – Minus ein Prozent

Knochen brechen häufiger bei alten Menschen. Das liegt daran, dass die Knochendichte ab einem Alter von 50 Jahren rund ein Prozent pro Jahr abnimmt. Auch Knorpelgewebe, Sehnen und Bänder sind weniger elastisch. Gelenke können mit der Zeit verkalken. Gerade bei Frauen sorgt die Hormonumstellung in den Wechseljahren für einen Knochenschwund.

Die Muskeln – 40 Prozent weniger

Muskelkraft und Muskelmasse nehmen ab einem Alter von 30 Jahren bis zu einem Prozent pro Jahr ab, der Anteil an Körperfett nimmt hingegen zu. Macht ein Mensch kaum Sport, kann er mit 80 Jahren bis zu 40 Prozent seiner Muskelmasse verlieren. Regelmäßige Bewegung und Krafttraining helfen, dem Muskelabbau und der Körperfettzunahme vorzubeugen.

Die Hormone – Zweite Pubertät

Der Hormonhaushalt gerät vor allem bei Frauen in den Wechseljahren durcheinander. Der Körper schüttet weniger Östrogen und Gestagen aus. Der Testosteronspiegel bei Männern sinkt weniger stark. Sie können deshalb rein biologisch noch im hohen Alter Kinder zeugen.

Quellen: Max Planck Institut Leipzig, Techniker Krankenkasse, NDR.de, Uniklinik Mainz

Das sagt der Experte:

„Irgendwann gibt es Falten, da hilft auch kein Lifting“

Wie gehen Menschen mit dem Altwerden um? Der Mediziner Roland Hardt leitet die Geriatrie an der Uni-Klinik in Mainz. Er weiß: Auch ohne krank zu sein, kann Altern zur Belastung werden.

Herr Hardt, wie wirken sich Alterungsprozesse im Körper aus?

Wir erreichen unsere Blüte mit Mitte 20, danach beginnt der Alterungsprozess. Man kann als Faustregel sagen, dass der Mensch etwa ein Prozent der ursprünglichen Organfunktionen im Jahr verliert. Das heißt, ein 90-Jähriger hat zum Beispiel funktionell nur noch eine Niere. Es gibt Schätzungen, wonach das biologische Maximalalter in der Gegend von 120, 130 Jahren liegt. Mit allen Maßnahmen zur Prävention und Behandlung ist das biologisch wohl das Limit.

Kann der Körper trotzdem fit bleiben?

Alt werden ist teilweise auch eine gefährliche Geschichte. Das Risiko zu erkranken steigt nicht linear an, sondern exponentiell. Je älter der Mensch wird, desto größer wird daher auch das Risiko, dass er sich eine Krankheit einfängt. Das Alter bleibt für viele Krankheiten ein eigenständiger und nicht beeinflussbarer Risikofaktor. Beim Eintritt ins Rentenalter leidet etwa die Hälfte der Bevölkerung unter Bluthochdruck.

Beeinflusst das auch die Psyche?

Das Altern ist immer noch eine der am besten verdrängten Geschichten. Viele Leute setzen etwa auf Anti-Aging-Produkte. Aber das ist Quatsch. Wenn die Menschen lange leben möchten, müssen sie sich damit abfinden, dass sie irgendwann alt werden. Anders geht das nicht. Irgendwann gibt es Falten, da hilft auch kein Lifting. Es geht darum, gesund alt zu werden.